21. Juni 2011

Maria Matilda Ogilvie Gordon: Eine Geologin in den Dolomiten

Maria Matilda Ogilvie Gordon wurde 1864 in einer Pastor-Familie im schottischen Dorf Monymusk (Aberdeenshire) geboren.
Obwohl die Familie mit acht Kindern in bescheidenen Verhältnissen lebte, pflegten die Eltern von M
aria gute Kontakte zu verschiedene Schulen und Hochschulen. Bereits in jungen Jahren zeigte Maria ein großes Interesse an der Natur, oft streifte sie mit ihren älteren Brüdern durch das Schottische Hochland und führte kleinere geologische Exkursionen durch.
Maria trat mit 9 Jahren ins Merchant Company Schools' Ladies College von Edinburgh ein. Mit 18 beschloss sie Musik zu studieren und ging daher nach London, aber bereits im ersten Jahr entdeckte sie ihre Liebe zur Naturwissenschaften neu.
Im Jahre 1890 schloss sie ihr Studium der Geologie, Botanik und Zoologie in London und Edinburgh ab, entschlossen ihre Ausbildung zu vertiefen ging sie ein Jahr später nach Deutschland. Aber trotz der Unterstützung angesehener Geologen, wie Baron Ferdinand Freiherr von Richthofen, wurde sie an der Universität Berlin abgelehnt - für Frauen waren höhere Studien nicht zugänglich. Sie versuchte es in München, wo sie von einigen Professoren, wie Paläontologe Karl von Zittel, freundlich aufgenommen wurde, von anderen aber, wie Mineraloge Paul Heinrich von Groth völlig abgelehnt wurde (er erlaubte ihr nicht einmal das chemische Labor zu betreten). Auch in München war ein reguläres Studium unmöglich, Maria arbeitet als Privatperson in den Räumlichkeiten und Vorlesungen musste sie in einem Nebenzimmer durch einen Türspalt verfolgen.


Im Juli 1891 wurde Maria vom Ehepaar Richthofen eingeladen, an eine Reise in die Südtiroler Dolomiten teilzunehmen. Bereits am ersten Tag blieb Maria beeindruckt von der Landschaft. Richthofen organisierte ihr einen Kletterlehrer, und bald beherrschte sie das Felsklettern.
Im Verlauf der Reise besuchte sie das kleine Dorf von Predazzo, damals Pilgerort von Geologen aus allen Herrenländern um die Geologie der Dolomiten zu studieren. Die Reisegruppe besuchte weiters die Stuoreswiesen im Gadertal, berühmte Fossilienfundstelle mit hervorragend erhaltenen Muscheln und Korallen, Maria hatte moderne Korallen studiert und plante eine Karriere in Zoologie einzuschlagen. Richthofen überzeugte sie jedoch die fossile Fauna dieser Fundstelle zu studieren. Richthofen war über 60 und konnte ihr daher wenig Unterstützung im Feld bieten, Maria war die meiste Zeit auf sich allein gestellt, zu einer Zeit wo es noch wenig Steige, Straßen oder gar Schutzhütten in den Dolomiten gab - sie erkundete und erkletterte kaum begangene Stellen und wurde beinahe vom Blitz erschlagen. Sie untersuchte und kartierte die Gegend in den nächsten zwei Sommern und schaffte es gute Kontakte zu lokalen Sammlern aufzubauen.


Im Jahr 1893 veröffentlichte sie die Ergebnisse all ihrer Arbeit in einem Artikel mit dem Titel "Beiträge zur Geologie des Wengener und St. Cassianer Schichten in Südtirol", wo sie, als begabter Zeichnerin, nicht nur detaillierte Landschaftsbilder veröffentlichte, sondern auch die beiden Formationen definierte und die Ökologie der gefundenen fossilen Korallen beschrieb - allein Maria beschrieb über 300 fossile Arten der heute bekannten von dieser Fundstelle. Mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit "Die Geologie der Wengener und St. Cassianer Schichten in Südtirol" erhielt sie auch den Doktortitel der Universität London, den ersten Doktortitel der in England an eine Frau vergeben wurde.

Abb.2. Ansicht der Langkofelgruppe, aus GORDON & PIA (1939): "Zur Geologie der Langkofelgruppe in den Südtiroler Dolomiten."

Liteartur:

WACHTLER, M. & BUREK, C.V. (2007): Maria Matilda Ogilvie Gordon (1864-1939): a Scottish researcher in the Alps. In BUREK, C. V. & HIGGS, B. (eds): The Role of Women in the History of Geology. Geological Society: 305-317

15. Juni 2011

Roy Chapman Andrews und das Königreich der Kreidezeitlichen Schädel

Moderne Pop-Kultur weiß zu berichten, dass einer der bekanntesten Abenteurer und Archäologen in der Filmgeschichte, Dr. Henry Walton Jones, Jr. - besser bekannt als Indiana Jones (der in den letzten Tagen seinen 30 Geburtstag feierte), auf verschiedene reale Naturforscher basierte, einer von ihnen der Abenteurer und Säugetierkundler Roy Chapman Andrews.

Abb.1. "Roy Chapman Andrews auf "Kublai Khan" während der Exkursion in Zentralasien, von ANDREWS 1921.

Roy Chapman Andrews (1884 -1960) war ein amerikanischer Abenteurer, Naturforscher, studierte Säugetierkundler und spätere Direktor des American Museum of Natural History in New York.
In früher Jugend finanzierte er sein Studium indem er seine Dienste als Tierpräparator, eine Kunst die er sich selber beigebracht hatte, anbot. Nach Abschluss versuchte er eine Stelle im Naturhistorischen Museum von New York zu ergattern, aber es standen keine freien Stellen zur Verfügung. Aber Andrews gab nicht gern kleine bei, eine Charaktereigenschaft die später immer wider zu Vorschein kommen wird. Seine Antwort zur Absage: er würde selbst die Böden im Museum wischen, wenn er dafür ins Museum rein könnte.
Überrascht von so viel Eifer wurde er tatsächlich als Hausmeister und Präparator angestellt. Jeden morgen wischte Andrews die Böden in der Museumsabteilung, Nachmittags assistierte er die Tierpräparatoren. Seine Begeisterung fiel bald positiv auf, und so wurde ihm schließlich eine Vollzeitstelle angeboten mit entsprechendem Gehalt.

Im Jahre 1907 wurde er auf seine erste Expedition geschickt. Ein Wal war auf den Strand von Long Island gestrandet, und das Museum erhoffte sich das Skelett bergen zu können. Andrew und ein Kollege entdeckten zu ihrem Leidwesen dass ein Sturm langsam aber unaufhörlich den Kadaver unter Sand und Schlick zu begraben drohte - zwei Tage lang kämpften sie gegen die eiskalte See, aber erst nach einer Woche konnten sie mit Hilfe von einigen Einheimischen das Skelett freilegen und in Sicherheit bringen.

Andrew besuchte China und Japan und entwickelte eine Leidenschaft für diese Länder. 1920 konnte er den berühmten Paläontologen Fairfield Osborn davon überzeugen, mehrere Forschungsexkursionen nach Zentralasien zu finanzieren - Andrew und besonders seine Finanzierer hofften in Asien fossile Reste von frühen Hominiden zu entdecken, und damit Afrika als Wiege der Menschheit zu diskreditieren (diese besondere Art des Rassismus war seinerzeit unglücklicherweise stark verbreitet).

Zwischen 1922 und 1939 führten Andrews und sein Team fünf Exkursionen in nahezu unbekanntes Gebiet durch. Die Wüste Gobi war ein riesieges gebiet, geplagt von Sand- und Schneestürmen, gefährliche Tiere, plötzliche Wetterumbrüche, Räuberbanden und eine unsichere politische Situation (1939 wurden weitere Expeditionen in die Gegend durch das gespannte Verhältnis zwischen China, der Mongolei und Russland unmöglich gemacht).


Abb.2. "Reliefkarte der Mongolei mit den Routen der zentralasiatischen Expeditionen, 1922-1930.", aus ANDREWS 1932.

Abb.3. "Kamel mit Autoreifen", aus Andrews 1932. In einer bis dahin noch nie gesehene Kombination führte Andrews die Expedition mit 3 Automobilen und 2 Lastwagen durch, die durch Kamelkarawanen mit Treibstoff versorgt wurden.

Eine der wichtigsten Entdeckungen der Expedition erfolgte durch Zufall - Chapman verlor in den eintönigen Ebenen die Orientierung. Als der Trupp anhielt um an einem militärischen Außenposten Informationen einzuholen, stolperte der Photograph der Expedition, John B. Shackelford, beinahe zufällig an einer Kliffkante auf mehrere fossile Knochen. Den Forschern blieben nur wenige Stunden um die Entdeckung zu genießen, vor Wintereinbruch musste die Expedition zurück sein, es wurde aber beschlossen die Stelle im nächsten Jahr nochmals aufzusuchen. Die rot leuchtenden Klippen wurden von Andrews "Flaming Cliffs" getauft. In den Sedimenten aus der Oberkreide entdeckten die Forscher zahlreiche neue Dinosaurierarten, und als Besonderheit gut erhaltenen Knochen und Schädel von mesozoischen Säugetieren, Arten von denen bis dahin überhaupt oder nur bruchstückhafte Fossilen bekannt waren.

Abb.4. "The Flaming Cliffs of Djadokhta" (Süd-Mongolei), Typlokalität der Djadoktha Formation aus der Oberkreide, aus BERKEY & MORRIS 1927.

Die Expedition brachte auch die bis dahin besten Fossilien von Dinosaurier-Eiern zurück, die anscheinend in Nestern abgelegt worden waren.

Abb.6. "Das erste Nest von Dinosaurier-Eiern, entdeckt von Georg Olsen bei Shabarakh im Jahr 1923" (ANDREWS 1932). Fossile Dinosaurier-Eier waren entgegen der Behauptung von Andrews bereits einige Jahre vorher von der französischen Riviera beschrieben worden, allerdings war die Qualität und Quantität aus der Gobi unerreicht.

Roy Chapman Andrews war ein begabter Geschichtenerzähler und er förderte sein Bild als Abenteurer in der Öffentlichkeit, so z.B. in seinem Buch "This Business of Exploring" (1935).

Es gibt verschiedene mögliche Anspielungen in den Indiana Jones-Filme die an das Leben von Roy Chapman Andrews erinnern. Wir treffen Indiana Jones zum ersten Mal in "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981) in Nepal -Zentralasien. Der Filzhut und der 38 Colt sind Erkennungszeichen von Indy - Andrews wird auf vielen Expeditionsphotos mit Schlapphut gezeigt, und er liebte es zu jagen und besaß einen 38 Colt.
Produzent G. Lucas und Regisseur S. Spielberg haben einen direkten Zusammenhang aber nie bestätigt - die Figur Indiana Jones wurde hauptsächlich von Fernsehserien aus den 30´ und 40´Jahren beeinflusst. Es ist aber nicht ausgeschlossen dass Abenteuerautoren und Fernsehproduzenten von den Büchern von Andres und anderen Forschern des frühen 20´Jahrhunderts beeinflusst wurde - in diesem indirekten Weg wurde Roy Chapman Andrews vielleicht tatsächlich Teil des Indiana Jones Universum.


Literatur:

ANDREWS, R.C. (1921): Across Mongolian Plains - A naturalists account of China's "Great Northwest". D. Appleton & Company: 276
ANDREWS, R.C. ed. (1932): The New Conquest of Central Asia - A narrative of the explorations of the Central Asiatic Expeditions in Mongolia and China, 1921-1930. Natural History of Central Asia Vol.I.; The American Museum of Natural History New York: 678
ANDREWS, R.C: (1935): This Business Of Exploring. G.P. Putnam´s Sons, New York: 288
BERKEY, C.P. & MORRIS, F.K. (1927): Geology of Mongolia - A reconnaissance report based on the investigations of the years 1922-1923. Natural History of Central Asia Vol.II; The American Museum of Natural History New York: 474
GALLENKAMP, C. (2001): Dragon Hunter - Roy Chapman Andrews and the Central Asiatic Expeditions. Penguin Group, New York: 344
NOVACEK, M. (2002): Time Traveler: In Search of Dinosaurs and Ancient Mammals from Montana to Mongolia. Farrar Strauss and Giroux: 352

9. Juni 2011

Scheuchzers Herbarium diluvianum

Pflanzen waren möglicherweise die ersten Fossilien die als Reste von lebenden Organismen, den heutigen vergleichbar, erkannt wurden.

Bereits in den ersten Katalogen die Fossilien enthalten - zumeist eine Sammlung der Kuriositäten der Natur - werden Pflanzenfossilien beschrieben und abgebildet - so z.B. im Werk des Englischen Naturforschers und Museumskurator Edward Lhwyd über die Fossilien der Britischen Inseln "Lithophilacii Britannica ichnographia" herausgegeben um 169
9. Auch der Begründer der modernen binominalen Nomenklatur, der schwedische Naturwissenschaftler Carl von Linné (1707-1778), forschte und publizierte über Fossilien die in schwedischen Kuriositätenkabinetten verwahrt wurden.

Die erste große un
d umfassende Arbeit über Pflanzenfossilien wurde allerdings in der Schweiz um 1709 publizierte - das Meisterwerk des Johann Jakob Scheuchzer, heutzutage besser (zu unrecht) bekannt wegen der Beschreibung eines fossilen Riesensalamanders als armer Sünder. In seinem "Herbarium diluvianum" beschreibt Scheuchzer ausführlich Pflanzenfossilen die von ihm gesammelt, oder die er aus verschiedenen europäischen Ländern erhalten hatte, vom Deutschen Perm bis zum Britischen Karbon - eine der umfassendsten Sammlungen der Zeit die in Zürich zur Schau gestellt wurde.

Abb.1. Einführungstafel aus Scheuchzers "Herbarium diluvianum" mit dem Autor der dem Leser symbolisch die fossilen Pflanzenreste präsentiert.

Der akademischen Tradition folgend nahm Scheuchzer zunächst an das Fossilien spontane Produkte der Erde oder einer "formgebenden Kraft" waren, die es aber nicht zum völlig fertigen lebenden Tier oder Pflanze geschafft hatten. Dies änderte sich in 1704 nachdem er das Werk des Britischen Gelehrten J. Woodward "Essay toward a Natural History of the earth" (1692) übersetzt hatte. In England wurden Fossilien - besonders Muscheln- bereits als Reste von ehemaligen lebenden Tieren gedeutet, die rasch verschüttet wurden und anschließend versteinerten. Was die rasche Verschüttung bewirkt hatte war unklar, die biblische Geschichte der Sündflut schien allerdings ein geeignetes "historisches" Ereignis. Scheuchzer betitelt bezeichnenderweise sein Werk "Herbar der Flut" und überzeugt von der Richtigkeit seiner Hypothese nutzt er die von ihm mit modernen Pflanzen verglichenen Fossilien um damit den Zeitpunkt und Jahreszeit der Sündflut zu bestimmen.
Scheuchzer entwickelt auch eine eigene Systematik um die Fossilien zu klassifizieren, und erkennt richtigerweise Dendriten als anorganische Gebilde die er als Pseudophyta bezeichnet. Für seine Zeit sind dies außerordentliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse, noch um 1879 werden manche dieser Pseudofossilien von einigen Autoren als "
Urpflanzen" beschrieben.

Abb.2. Dendriten im einem Quarzkristall eingeschlossen, aus Scheuchzers Reiseführer der Alpen "Itinera alpina" (1702-1711).

Literatur:

MÄGDEFRAU, K. (1973): Geschichte der Botanik. Stuttgart, Gustav Fischer.

8. Juni 2011

Das harte Leben des Geologen und Geologin

Abb.1. Carl Spitzweg "Der Geologe" (um 1860).

Noch vor 150 Jahren war die praktische Arbeit im Feld selbst für einen Geologen im Europa ein beschwerliches, manchmal sogar gefährliches Abenteuer. Die meisten Gebiete lagen noch abseits der ersten aufkommenden Zugverbindungen, abgelegene Dörfer oder Einsiedeleien, die als Stützpunkt dienten, konnten nur mit der Postkutsche, oder am besten zu Fuß erreicht werden. Diese Art zu Reisen war daher sehr teuer. Der kartierende Geologe - als Staatsbeamte darauf bedacht die Kosten zu senken - blieb daher nach Einrichtung eines oder mehrere Stützpunkte im geplanten Kartierungsgebiet mehrere Monate (am besten im Sommer) im Gelände.
Geologen waren bei längeren Ausflügen tagelang unterwegs, geschlafen wurde wo sich Gelegenheit bot, z.B. in Hütten, Almen oder in Ställen.

Es war eine sehr körperliche Arbeit, der österreichische Geologe Marcus Vinzenz Lipold kartiert in 1853 in nur einem Tag die Umgebung des Großglockner (3.797m) - er startete vom Dorf Ferleiten (1.151m), erreichte die Erzherzog-Johann-Hütte auf 3.454m und stieg anschließen hinab zum Dorf Heiligenblut (1.188m) - ein Höhenunterschied von 2.700m und einer heutigen Flugstrecke von 28 Kilometern.

Jeder Geologe der Österreichischen Geologischen Reichsanstalt führte stets die nötige Ausrüstung mit sich: Barometer für die Höhenbestimmung, Kompass mit Fernrohr, Gradbogen und Zulegplatte mit Stativ zur Kartierung, ein Psychrometer (zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit), Thermometer, eine Camera Obscura (zum zeichnerischen Erfassen der Landschaft), ein Fernrohr, verschieden große Hämmer und ein Stock mit Erdbohrer.
In einer Zeit - in der die Geologie noch nicht so streng definiert und spezialisiert wie heute war - wurde von einem Geologen erwartet so viele und umfassende Naturbeobachtungen wie möglich zu samme
ln. Der Geologe Johann Czjzek, einer der ersten Geologen der Reichsanstalt, beschreibt im Jahr 1850 die Anforderungen an einen Feldgeologen:

"Einem jeden Geologen als Leiter der Arbeiten seiner Sectionen ertheilte Herr Sectionsrath Wih. Haidinger eine Instruction, in welcher nebst der geologischen Aufgabe die möglichst reichhaltige Aufsammlung von Mineralien, Gebirgssteinen und Fossilien, von Messungen, dann der Wissenschaft und Landeskunde überhaupt angehörigen, namentlich physikalischer, geographischer, naturhistorischer, selbst archäologischer und ethnographischer Daten, welche die fossile Welt gewissermaßen mit dem Anfange unser eigenen Geschichte verbinden, anempfohlen werden."

Bei der Bekleidung im Feld wurde eine Kombination von viktorianischer Eleganz mit Zweckbekleidung bevorzugt: Hosen sollten bequem und breit, aus einem leichten Stoff geschneiderte sein, Unterhosen wurden als überflü
ssiger Luxus abgelehnt. Wichtig war ein Rock mit vielen Taschen um Gesteinsproben zu sammeln. Das Hemd war nicht komplett ohne Krawatte, und für Besuche in einer Gaststätte wurde der breitkrempige Hut gegen Zylinder umgetauscht. Stiefel aus amerikanischem Büffelleder waren begehrt, zur Not taten es auch Schuhe mit genagelten Sohlen.

Abb.2. Die österreichischen Geologen Carl Maria Paul, Franz von Hauer und Guido Stache in voller Feldmontur, Photo aufgenommen ungefähr um 1860.

Es verwundert nicht dass die so angezogenen, abenteuerlich wirkenden Herren mit Missgunst und Vorsicht von der Bevölkerung empfangen wurden. Der Geologe musste verhindern aufgrund zu schmutziger oder ärmlicher Bekleidung als Landstreicher verhaftet zu werden, anderseits musste er nicht zu gepflogen auftreten, um Räuberbanden oder Gesindel anzulocken die es auf die vermeintlich reiche Beute abgesehen hatten.
Der österreichische Geologe Guido Stache erinnert sich in einem Brief von 187
0 an seine Feldarbeit an der galizisch-ungarischen Grenze:

"Wir verriegelten unsere Thüre, machten uns mit Revolver, Messern und Hämmern kampfbereit und löschten das Licht aus. Die Erwartung eines Abenteuers und Flöhe ließen uns lange nicht am Schlafen."


Noch schwieriger als für Männer war für Frauen die Ausübung der Geologie. Die Ausübung von gemeiner physischer Arbeit war ungewöhnlich für einen Mann aus den oberen sozialen Schic
hten (die sich ein Studium leisten konnten) und für Frauen beinahe unakzeptabel. Selbst im Gelände hatte eine Frau den modischen Erscheinungen der Zeit zu folgen und Korsett und Rock zu tragen.

Abb.3. Zeichnung vom Britischen Geologen Henry Thomas De la Beche (1796-1855) von seiner Landsgenossin und Fossilienhändlerin Mary Anning, mit der Fossiliensuche beschäftigt. Mary Anning schützt sich mit einem schweren Rock gegen die kalte Brise und Meeresgischt der englischen See. Der Zylinder, mit Schellack getränkt und daher steif, diente als einfacher, aber wichtiger Kopfschutz gegen herabfallende Steine.

Frauen konnten sich frei nur in Privatbesitz oder in Begleitung ihres geologisch interessierten Ehemannes bewegen. Eine Frau ohne Begleitung wurde auch leichter angepöbelt, die Paläontologien Etheldred Benett (1775-1845) beklagt in einem Brief von 1835 zu Dinosaurierforscher Gideon Mantell:


"Eine Dame in einem Steinbruch ist für die Männer ein Zeichen um für Geld für Bier zu betteln."

Mit der Verbreitung von Freizeitaktivitäten und -bekleidung um die Jahrhundertwende und den Ausbau des Straßennetzes verbesserte sich die Lage für Geologen beiderlei Geschlechts schließlich merklich.


Referenzen:


AVANZINI, M. & WACHTLER, M. (1999): Dolomiten - Reisen in die Urzeit. Athesia Bozen GmbH

GSTÖTTNER, M. (1999): Ausrüstung und Leben der Frühen Geologen im Gelände. In: Geologische Bundesanstalt (Hrsg.), Die Geologische Bundesanstalt in Wien - 150 Jahre Geologie im Dienste Österreichs (1849-1999). Böhlau Verlag. Wien.