9. Juni 2011

Scheuchzers Herbarium diluvianum

Pflanzen waren möglicherweise die ersten Fossilien die als Reste von lebenden Organismen, den heutigen vergleichbar, erkannt wurden.

Bereits in den ersten Katalogen die Fossilien enthalten - zumeist eine Sammlung der Kuriositäten der Natur - werden Pflanzenfossilien beschrieben und abgebildet - so z.B. im Werk des Englischen Naturforschers und Museumskurator Edward Lhwyd über die Fossilien der Britischen Inseln "Lithophilacii Britannica ichnographia" herausgegeben um 169
9. Auch der Begründer der modernen binominalen Nomenklatur, der schwedische Naturwissenschaftler Carl von Linné (1707-1778), forschte und publizierte über Fossilien die in schwedischen Kuriositätenkabinetten verwahrt wurden.

Die erste große un
d umfassende Arbeit über Pflanzenfossilien wurde allerdings in der Schweiz um 1709 publizierte - das Meisterwerk des Johann Jakob Scheuchzer, heutzutage besser (zu unrecht) bekannt wegen der Beschreibung eines fossilen Riesensalamanders als armer Sünder. In seinem "Herbarium diluvianum" beschreibt Scheuchzer ausführlich Pflanzenfossilen die von ihm gesammelt, oder die er aus verschiedenen europäischen Ländern erhalten hatte, vom Deutschen Perm bis zum Britischen Karbon - eine der umfassendsten Sammlungen der Zeit die in Zürich zur Schau gestellt wurde.

Abb.1. Einführungstafel aus Scheuchzers "Herbarium diluvianum" mit dem Autor der dem Leser symbolisch die fossilen Pflanzenreste präsentiert.

Der akademischen Tradition folgend nahm Scheuchzer zunächst an das Fossilien spontane Produkte der Erde oder einer "formgebenden Kraft" waren, die es aber nicht zum völlig fertigen lebenden Tier oder Pflanze geschafft hatten. Dies änderte sich in 1704 nachdem er das Werk des Britischen Gelehrten J. Woodward "Essay toward a Natural History of the earth" (1692) übersetzt hatte. In England wurden Fossilien - besonders Muscheln- bereits als Reste von ehemaligen lebenden Tieren gedeutet, die rasch verschüttet wurden und anschließend versteinerten. Was die rasche Verschüttung bewirkt hatte war unklar, die biblische Geschichte der Sündflut schien allerdings ein geeignetes "historisches" Ereignis. Scheuchzer betitelt bezeichnenderweise sein Werk "Herbar der Flut" und überzeugt von der Richtigkeit seiner Hypothese nutzt er die von ihm mit modernen Pflanzen verglichenen Fossilien um damit den Zeitpunkt und Jahreszeit der Sündflut zu bestimmen.
Scheuchzer entwickelt auch eine eigene Systematik um die Fossilien zu klassifizieren, und erkennt richtigerweise Dendriten als anorganische Gebilde die er als Pseudophyta bezeichnet. Für seine Zeit sind dies außerordentliche naturwissenschaftliche Erkenntnisse, noch um 1879 werden manche dieser Pseudofossilien von einigen Autoren als "
Urpflanzen" beschrieben.

Abb.2. Dendriten im einem Quarzkristall eingeschlossen, aus Scheuchzers Reiseführer der Alpen "Itinera alpina" (1702-1711).

Literatur:

MÄGDEFRAU, K. (1973): Geschichte der Botanik. Stuttgart, Gustav Fischer.

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