1. November 2011

Das Erdbeben von Lissabon

Zusammenfassung des Artikels auf Scientific American
"November 1, 1755: The Earthquake of Lisbon: Wrath of God or Natural Disaster?"

Am 1. November 1755 - Allerheiligen - bereitete sich die portugiesische Hafenstadt und Hauptstadt Lissabon auf einen sonnigen und feierlichen Tag vor.
Um 9:40  begann eine Folge von drei Erdbeben die insgesamt 6 bis 10 Minuten dauern sollte. Die Einwohner flüchteten in Panik aus den engen Gassen und vor den herabstürzenden Trümmern in Richtung Regierungsviertel und Hafen, wo große offene Plätze Sicherheit versprachen. Aber vierzig Minuten nach dem ersten Erdbeben rollte eine bis zu 14 Meter hohe Flutwelle auf die Kaianlagen und dem Flusslauf des Tejo hinauf - tausende Menschen wurden von der Flut fortgerissen. Nach dem Beben und der Flut brach Feuer in der Stadt aus - die Brände wüteten für Tage - am Ende waren dreiviertel der Gebäude der Stadt dem Erdboden gleichgemacht.
Die Auswirkungen des Erbebens, in Form von Erschütterungen,waren beinahe in ganz Nordeuropa  spürbar, die Tsunami-Welle erreichte sogar die Küsten der karibischen Inseln.


Dokumentation "Wilder Planet - Gefahr für Lissabon" (12.07.2009)


Die Zerstörung des erzkonservativen Lissabon hatte weitreichende Folgen für die Theologie und Philosophie des ausklingenden 18 Jahrhunderts. Wie konnte Gott die Zerstörung und so großes Leid zulassen?
Viele Naturphilosophen hatten bereits seit dem Altertum Erdbeben als natürliche Erscheinungen angesehen - Auswirkungen von Luftzirkulation in der Kruste der Erde, elektrische Entladungen oder Explosionen von brennbaren Gasen - oder zumindest als Wirkungen eines Gottes der mittels Naturgesetze die Welt beeinflusste.
Aber erst mit der Verbreitung der Neuigkeiten aus Lissabon wurde die Diskussion, ob Erdbeben Erscheinungen die mittels Naturgesetze beschrieben und erklärt werden können, in eine breitere Öffentlichkeit getragen.

"Wir akzeptieren Schießpulver, Feuer und Gift als gewöhnliche Gefahren des Lebens, und wir glauben nicht, dass uns diese Dinge auf übernatürlichen Befehl ereilen, als Strafe für unsere Sünden. Nur wenn es sich um Erdbeben handelt, dann rutschen wir zurück in die Panik unserer primitiven Ängste. Wir müssen nun versuchen, uns anzugewöhnen, an Erdbeben zu denken, wie wir an Stürme denken, und zu erkennen, dass sie wirklich sehr normale Ereignisse sind…[]"
Antonio Nunes Ribeiro Sanches (1699-1783), portugiesischer Arzt und Intellektueller

Literatur:

KÖLBL-EBERT, M. (2005): Lissabon 1755 – Anatomie einer Erderschütterung. Archaeopteryx – Jahreszeitschrift der Freunde des Jura-Museums Eichstätt 23: 83-98
KOZAK, J. & CERMAK, V. (2010): The Illustrated History of Natural Disasters. Springer-Verlag: 203
UDIAS, A. (2009): Earthquakes as God’s punishment in 17th- and 18th-century Spain. In KÖLBL-EBERT, M. (ed.) Geology and Religion: A History of Harmony and Hostility. The Geological Society, London, Special Publications, 310: 41-48
WALKER, B. (1982): Earthquake – Planet Earth. Time Life Books: 154

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