17. Juli 2015

Tunnel und Stollen - Der lange Weg zum Sieg über den Berg

Jeder, der in den Hochlagen unserer Gebirge vor der Aufgabe gestanden hat, frisches Material für wissenschaftliche Bearbeitung zu gewinnen, kennt die großen Schwierigkeiten, die ihm der oft viele Meter dicke Verwitterungsgürtel entgegensetzt. In tieferen Lagen des Hochgebirges und in den Mittelgebirgen überall bedeckt Almboden und Waldvegetation das Land, den anstehenden Felsuntergrund verhüllend; der aufnehmende Geologe wird an spärliche Aufschlüsse gewiesen sein und mit Freude jede Gelegenheit wahrnehmen , die ihm neue und wertvolle Einblicke in den Erdkörper ermöglicht. Solche Gelegenheit werden für ihn diejenigen sein, wo große technische Eingriffe in das Innere der Erde vorgenommen werden: Tunnelbauten, Stollenanlagen, Straßen- und Eisenbahneinschnitte; doch auch alle anderen kleineren Unternehmungen, wie Steinbrüche und dergleichen werden ihm hochwillkommene Gelegenheiten zur Gewinnung tiefer Einblicke sein, die er um so lieber nutzen wird, je seltener in dem betreffenden Gebiete natürliche Aufschlüsse zur Verfügung stehen.“
Hradil, G. „Ueber kristalline Gesteine und Gesteinstechnik


Abb.1. Der Bau des Mont-Cenis-Tunnels zwischen Italien und Frankreich.

Neben rein geologischen Aspekten, haben Tunnel und Stollen auch sehr praktische Anwendungen. Bereits in der frühen Bronzezeit wurden Stollen und Schächte angelegt für den Abbau von Kupfererz. In Nordtirol wurde ein 25m langer Schacht auf ein Alter von 2.800 datiert. Die aufwendigen Anlagen für Erzabbau und –schmelze weisen darauf hin, das hier professionelle Minenarbeiter am Werk waren. Knochenreste zeigen weites an, das die Bergleute gut versorgt wurden, mit Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Rind (wobei Ochsen auch als Zugtiere verwendet werden konnten).
 
Im Altertum wurden neben Minen auch Stollen für die Wasserversorgung angelegt, so in Mykene um 1.200 v. Chr. Und in Jerusalem um 1.000 v. Chr. 

Überraschenderweise war der konventionelle Vortrieb, mit Hammer, Meißel und Muskelkraft noch weit bis ins 17.Jahrhundert gängig. Erste Versuchssprengungen wurden erst 1627 durchgeführt. Der 1679-1681 ausgeführte Malpas-Tunnel in Frankreich war der erste durch Sprengungen aufgefahrene Verkehrstunnel. 
Hydraulische Bohrer und Tunelbaumaschinen kamen um 1860-70 auf. 
Abb.2. Tunnelbohrmaschine um 1881.

Erste große Tunnel in Lockergestein, wie die Unterfahrung der Themse in London, wurden um 1850 in Angriff genommen. 

 
Franz von Rziha verfasste in 1872 das umfassende „Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst“ und führte mit der „Gesteinsclassification für Tunnelbauten“ die sieben Gesteinsklassen ein die auch heute noch oft im Tunnelbau zur Anwendung kommen, um das Gebirge nach geotechnischen Gesichtspunkten hin einzuteilen – denn mineralogisches Gestein ist nicht gleich geotechnisches Gestein.
 
Es giebt, um thatsächliche Beispiele anzuführen, Kalk- und Sandsteine, die vom Mineralogen mit einem und demselben Härtegrad belegt und von ihm in ein und dieselben Klasse gereiht werden, welche aber der Gewinnungsarbeit so verschiedenartige Aufwand abringen, dass jene Fälle nicht selten sind, wo die Gewinnungskosten in einem Falle noch einmal so viel, als in dem anderen betragen.
 
1857 wurde am Mont-Cenis-Tunnel zwischen Frankreich und Italien zum ersten Mal hydraulische Bohgeräte eingesetzt und in 1867 erfand Alfred Nobel das Dynamit, das sicheren Sprengstofftransport und Sprengungen im Berg ermöglichte.
 
 
Literatur:
 

11. Juli 2015

Kunst & Geologie: Vulkane und Emotionen

Als Konsul in Frankreich, von 1776-1785, bemerkte Benjamin Franklin im Jahre 1783 einen bläulichen Nebel, der sich nicht auflöste und offensichtlich nicht wie normale Wolken aus Wasserdampf bestand. Franklin bemerkte auch das der Nebel Einfluss auf die Atmosphäre hatte, da er die damals außerordentlich kalten europäischen Winter auf die Dämpfung des Sonnenlichts durch den Nebel zurückführte. Unter anderem waren es diese kalten Winter und folgende Hungersnöte die im Juli 1789 zur Stürmung der Bastille in Paris und der französischen Revolution führte.
 
Im Juni 1783 war die Laki-Spalte auf Island ausgebrochen und es waren die fein verteilte Asche und vulkanische Gase die Franklin beobachtet hatte. Vulkane und ihre atmosphärischen Auswirkungen beeinflussten nicht nur die Geschichte sondern auch die Kunst (und nicht nur als beliebtes Malobjekt).
 
Ein Spaziergang in der Abenddämmerung inspirierte den Norwegischen Künstler Edvard Munch (1863-1944) zu seinem berühmten Gemälde "Der Schrei" (1893).  Das leuchtende Rot im Hintergrund der Figur verstärkt noch den Eindruck der Verzweiflung. Munch selbst schreibt
 
"Ich ging entlang der Straße lang, zusammen mit zwei Freunde - wenn die Sonne sank - und plötzlich verfärbte sich der Himmel Blutrot - und ich fühlte mich überwältigt von der Melancholie  ...[]… Wolken wie Blut und Zungen aus Feuer lagen über die blau-schwarze See und der Stadt. ...[] ... Ich fühlte einen großen, unendlichen Schei durch mich aufsteigen.
 
Außergewöhnliche Sonnenuntergänge waren öfters sichtbar im Spätherbst über Oslo in den Jahren 1885-92, wie auch in anderen Gegenden rund um den Globus.

Seit drei Tagen geht die Sonne, wenn sie denn zu sehen ist, zehn Grad über dem Horizont in schillernden Grün auf. Während ihrer Wanderung am himmelt nimmt sie ein wunderschönes Blau an, das immer leuchtender wird, so als ob Schwefel brennt … selbst im Zenit  strahlt sie blau, schimmert von blaßblau bis hellblau, ähnlich dem Mondlicht … Beim Sonnenuntergang, können wir dasselbe Farbenspiel beobachten, diesmal in umgekehrter Reihenfolge.“
Beschreibung in einer ceylonesischen Zeitung vom 17. September 1883.


Am 27. August 1883 hatte sich die vulkanische Insel von Krakatoa in Indonesien selbst in die Luft gesprengt, eine der heftigsten vulkanischen Eruption in historischen Zeiten. Der fein verteilte vulkanischen Staub des Vulkans, die die höheren Schichten der Atmosphäre erreichte, verteilte sich in nur 4 Monate auf über 70% der Erdoberfläche und verblieb über Jahre hinweg in den Luftschichten. Bei Sonnununtergang streuten die Aschepartikel das Sonnenlicht dermaßen, das es zu einer regelrechten Farbexplosion am Himmel kam - ein Himmel der auch Munch inspirierte.

Abb.1. Das Abendglühen über London im November 1883, aus SYMONS, G.J. (1888): The Eruption of Krakatoa, and subsequent phenomena.
SYMONS, G.J. (1888): The Eruption of Krakatoa, and subsequent phenomena. - See more at: http://historyofgeology.fieldofscience.com/2010/08/august-27-1883-krakatoa-day-world.html#sthash.suRMDEmS.dpuf

Das Phäonomen war nicht neu. Ein anderer Maler, William S. Turner (1775-1851), war so beeindruckt von den Sonnenuntergängen in den Jahren 1815/16 das er eine ganze Reihe von Gemälden, die einfach die wechselnden Farben - Rot, Orange, Violett -  des Abendhimmels zeigten, malte. Tatsächlich war im April 1815 auf Indonesien der Tambora ausgebrochen, die heftigste vulkanische Eruption in modernen Zeiten. Auch hier führte vulkanische Asche zu weltweit beobachtbaren Wetter- und Lichtphänomene, die Naturgelehrte wie auch Künstler rätseln ließen, wobei jeder nach seiner Art – der Wissenschaftler mit der sachlichen Beschreibung der Phänomen, der Künstler mit seinem emotionalen Abbildungen – sie zu begreifen und darzustellen versuchte.