19. September 2015

Von den Untiefen der Meere zu den Gipfeln der Welt

Auf die Frage wieso er den Mount Everest bezwingen wolle, soll George Mallory mit dem berühmten Satz "Weil er da ist" geantwortet haben, aber es gab auch praktische Gründe  "Für die Steine vom Gipfel für die Geologen…"

George Mallory  versuchte zusammen mit Sandy Irvine am 6. Juni 1924 den Gipfel des Everest zu erreichen – beide verschwanden in den Wolken und wurde nie wieder lebendig gesehen. Zeitgleich suchte einer ihrer Kollegen, Geologe Noel Ewart Odell (1890-1987), unterhalb des Gipfels auf 8.000m nach Fossilien.

Der Kalkstein vom Gipfel des Mount Everest ist von mariner Herkunft, er besteht aus Fossilien  - wie er allerdings dorthin kommen konnte blieb bis zur modernen Entdeckung der Plattentektonik ein geologisches Rätsel.
Die Basis des höchsten Gipfels der Erde besteht aus hellem Granit, auf dem eine Abfolge von Sedimenten folgt. Die untere Everest Serie besteht zumeist aus metamorphen Schiefern mit eingeschalteten Kalkstein-Bändern. Es folgt das berühmte „Gelbe Band", das aus metamorphen Kalksteine und Kalk-Silikatfelsen besteht. Der Gipfelaufbau des Mount Everest wird schließlich von ordovizischen fossil-führenden Kalksteinen und Megeln geprägt. 

Abb.1. Der Himalaya ist beinahe doppelt so hoch wie die Alpen, viele Gipfeln beider Gebirgszüge bestehen aus ehemaligen marinen Sedimenten, aus dem Berghaus-Atlas (1845-1862).

Fossilien die auf Berge gefunden wurden waren nichts neues. Bereits Leonardo da Vinci (1452-1519) beschreibt Fossilien aus den Bergen der Toskana und merkt an das sie dorthin nicht mittels der Sintflut transportiert worden sein konnten, da sie in Lebensstellung gefunden wurden. Allerdings war seine Ansicht, die er nie publizierte, eher die Ausnahme als die Regel und das nicht nur zu seiner Zeit.
Die erste Nennung von Fossilien aus Dolomiten geht zurück in das Jahr 1741 – laut Sitzungsprotokoll vom 18. August desselben Jahres erwähnt der Stadtphysikus von Innsbruck, Franz Ferdinand von Giuliani (1701-1762), in seinem Vortrag  „Dissertatio de Fossilibus universalis Diluvii“ mehrmals Muscheln aus dem Pustertal  bzw. Pustertaler Bergen. Da das Pustertal in Südtirol selbst von metamorphen Gesteinen geprägt wird, bezieht sich diese Ortsangabe wohl eher auf die südlicher liegenden Dolomiten. Giuliani diskutiert die Fossilien auf den Bergen als eindeutige Überreste der biblischen Sündflut. Erst im Laufe des 18. und besonders im 19. Jahrhunderts werden Fossilien als marine Organismen gedeutet und es wird klar das eine weltweite, auch eine biblische,  Flut niemals die höchsten Gipfel der Erde bedecken könnte.
 

Abb.2. Geologischer Schnitt des Matterhorns, im Jahre 1868 vom Italienischen Bergbauinspektor Felice Giordano angefertigt. Hier sind marine Sedimente teilweise tektonisch überfahren worden.

Nun wurden marine Sedimente auf Gipfeln durch die Bewegungen der Erde erklärt. Leopold von Buch (1774-1835) schlug vor das vulkanische Intrusionen große Blasen auf der Erdkruste bildeten - Blasen die wir Berge nennen. Von Buchs Theorie wurde von englischen Geologen nicht allzu ernst genommen, vor allem als Charles Lyell nachweißen konnte das verschiedene Lavaflüsse verschieden geneigt waren - wie sollte das möglich sein falls ein Berg sich von einem einzelnen "Erhebungspunkt" aus bildete? 
Eine alternative, überaus erfolgreiche Theorie besagte das große Stücke der Erdkruste von unter dem Meeresspiegel nach oben geschoben wurden, zeitgleich sanken gewisse Abschnitt ab. Der österreichische Geologe Eduard Suess (1831-1914) erklärte sogar Meeres-Untiefen, die Kontinente umgeben, als solche Senkungszonen (Diese Abschnitte sind tatsächlich die Tiefseerinnen die durch die Subduktion der ozeanischen Kruste unter die kontinentale Kruste entstehen).

 
Abb.2. Handgezeichnete Karte der Erde mit den primären Kernen der Kontinenten - Überreste der früheren Erdkruste einer größeren Erde, aus E. Suess "Das Antlitz der Erde".

Die vertikalen Bewegungen bzw. Absenkungen der Erdkruste sollten durch das langsame Abkühlen der Erdkugel, und damit verbunden ein Schrumpfen des Erdvolumens, verursacht werden. Diese Kontraktionstheorie konnte aber nicht die unregelmäßige Verteilung von Gebirgen und Ozeanen erklären - bei einer konstant schrumpfenden Erde sollten diese zufällig und daher regelmäßiger verteilt sein. Es brauchte eine bessere Erklärung…

Literatur:

SEARLE, M. (2013): Colliding Continents: A geological exploration of the Himalaya. Oxford University Press: 438

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