28. Dezember 2015

Vom Bergbau, Waldrodung und Umweltzerstörung

"Ein Baum, der umstürzt, macht mehr Krach als ein ganzer Wald, der wächst." Tibetanisches Sprichwort
 
Jede Zivilisation, ob sesshaft oder Jäger-Sammler, schädigt oder verbraucht die natürlich vorkommenden Ressourcen ihrer Umgebung. Bereits in der Vorgeschichte folgte dem Auftauchen des Menschen ein Massensterben an Großwild. Der frühe Mensch jagte nicht nur direkt die Tiere, sondern durch Brandrodung zerstörte er oft auch ihre Umwelt. 
Nachweislich gab es schon Rodungen und wahrscheinlich Beweidung von Almen in den Alpen um 4.700 bis 3.200 v. Chr. 

Ackerbau verwandelte Wälder in Monokulturen in denen nur gewissen Pflanzen das Wachstum erlaubt wurde. Diese einseitige Nutzung des Bodens laugte ihn aus, ständige künstliche Bewässerung führte zur Versalzung des Bodens und die absterbende Pflanzen konnten den Boden nicht mehr vor der Erosion schützen. 
Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427 oder 424/423 bis 348/347 v.Chr.) beklagt:
 
Der gesamte humusreiche und saftige Boden von den höher gelegenen Ländereien gleitet unaufhörlich abwärts und verschwindet in der Tiefe. Nur das nackte Gerippe des Gebirges, dem Skelett eines Kranken gleichend, ist übrig geblieben. Der kärgliche Boden des vegetationsarmen Landes kann die jährlichen Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Sie fließen rasch ins Meer, sodass die Quellen und Bäche versiegen.“
 
Die griechischen und später römischen Flotten verschlangen Unmengen an Holz, so dass entlang des Mittelmeers ganze Küstenabschnitte kahlgeschlagen wurden. Auch in den Alpen kann mittels Pollenanalyse das Erscheinen der Römer und ihren Einfluss auf die Vegetation nachgewiesen werden. Die Römer betrachteten Wälder als unkultivierte Wildnis und Rodungen waren daher auch eine politische Handlung, wobei auch hier einzelnen Stimmen, wie von Plinius der Ältere (23 oder 24 n.Chr. bis 79 n.Chr.), auf die Gefahren der Erosion und Hochwasser hinweisen. Die römischen Rodungen sind auch durch eine verstärkte Sedimentation rund um Rom nachweisbar und der Hafen von Ostia Antica, an der Mündung des Tiber gelegen, verlandete im 1. Jahrhundert n.Chr. wegen der erhöhten Sedimentfracht des Flusses.
Die römischen Bergwerke für Gold und Eisen hatten der Landschaft schweren Schaden zugefügt. Plinius der Ältere schreibt in seiner „Naturalis historia“ „Als Sieger blicken die Bergleute auf den Einsturz der Natur … Wie unschuldig glückselig, ja wie prächtig wäre das Leben, wenn wir nicht anderes, als was über der Erde ist, begehrten.“  Der griechische Philosop Platon (428-348 v. Chr.) schreibt in seinem Kritias-Dialog "Einst trugen die Berge Bäume. Jetzt fließt der Regen vom kahlen Land direkt ins Meer ab."


Abb.1. Im 16-18. Jahrhundert werden die Alpen langsam von technischen und wissenschaftlichen Neuerungen erobert, in diesem Bild des Holländischen Künstlers C.D.Van der Hech sieht man einen Bergbau als Zeichen der Zivilisation, der fast schon im Widerspruch mit der unberührten Berglandschaft erscheint.

Während den Wirren der Völkerwanderung erholte sich der Wald, vor allem in den Talebenen breitete sich Auenwald aus. Die Rodung nahm ab dem Mittelalter wieder beträchtlich zu, durch Nutzung der Hochflächen als Weiden und vor allem durch das nötige Brennmaterial der Schmelzöfen der zahlreichen Bergwerke. Bergordnungen die Kahlschläge vorsahen und sich im Flachland bewährt hatten wurden auch aufs Hochgebirge übertragen, was zur Kahllegung besonders steiler und erosionsgefährdeter Bergflanken führte. Franz von Sallinger schreibt in 1789 „...daß man auf einmal den ganzen Berg so vom Holze entblößt, daß man kein Bäumchen noch Stäudchen darauf läßt.“ Murkatastrophen waren die Folge.

Im Mittelalter führten die Rodungen im Einzugsbereich der Flüsse zur Zunahme der Erosion und Absenkung des Grundwasserspiegels. Gerodete Flächen lassen mehr Wasser abfließen und mehr Boden wird abgetragen. Allein die Waldschicht hält wie ein Schwamm 10-15% der Niederschläge zurück (und bis zu 30% an Schneefälle), die Abflussgeschwindigkeit am Waldboden ist gerade mal 25%  der Fließgeschwindigkeit auf nackten Boden.  Nach einer Rodung führt das zusätzliche Wasser zur Erosion von Erde und Gestein, dieses Sediment wird von den Gebirgsbächen den größeren Flüsse zugeführt.
Die zusätzliche Sedimentfracht verschlammte die weiter unten liegenden Flüsse. Stehende Gewässer waren aber ein perfektes Brutgebiet für Stechmücken die die Malaria verbreiteten. Im eigenen Interesse führten daher die Venezianer als Erste eine Art Naturschutz ein. In eigens angelegte Forste wurde Bauholz gewonnen um so zeitgleich die natürlichen Wälder als Erosionsschutz zu erhalten. Aber das Bevölkerungswachstum im europäischen Mittelalter führte zu einer immer stärkeren Nutzung und Überbeanspruchung der Wälder, so das erste Nutzungsbeschränkungen eingeführt wurden um Schutzwälder im Gebirge zu erhalten. Um 1591 verfügte die Salurner (Südtirol) "Rigelordnung": 


"Es soll auch niemand keinen raut im Wald nit machen noch prennen, weder jetzt oder hinfür, ob aber in ain ort verhanden wär, da ainer gar ohn schaden mit nuzperkait gmacht werden mechte, das selb ort sollen die viertlmaister außzezeigen gwalt haben."
 
Bis zum14. Jahrhundert gab es fast keine intakten Wälder mehr in Mitteleruopa.
Erst mit Ausbruch großer Seuchen schrumpfte die Bevölkerung und die Wildnis konnte sich einige Jahrhunderte lang erholen. Mit dem Erneuten Aufkommen von Bergbau und vor allem dann  mit der industriellen Revolution begann eine neuerliche Attacke an den Wäldern Europas von nie gesehenen Ausmaß.
 
Im Jahre 1713 publizierte der Oberberghauptmeister in Freiberg (Zentrum des Bergbauwesen im Erzgebirge, die Gewinnung von Silber, Kupfer, Zinn und Kobalt verschlang gewaltige Mengen an Holz), Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), ein Buch mit dem Titel „Sylvicultura oeconomica – Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“. Aus einer adeligen Familie stammend, die das Floßwesen im Erzgebirge überwacht hatte, hatte er Erfahrung mit der (Über-)Nutzung des Waldes und spätere ausgedehnte Studienreisen bestätigten ihn in seiner Sichtweise.„Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holz abgetrieben worden als in etzlichen seculis wachsen“, für kurzfristigen Profit wird der Wald gerodet aber „...durch Säen und Pflantzen und andere gehörige Arten in Stand erhalten werde, darauf denckt fast niemand.“ In seiner Sylvicultura fordert Carlowitz deshalb die „nachhaltende Nutzung“ dieser Ressource.
Abb.2. Waldrodung um 1700, aus "Sylvicultura oeconomica".

Bergordnungen die Kahlschläge vorsahen und sich im Flachland bewährt hatten wurden auch aufs Hochgebirge übertragen, was zur Kahllegung besonders steiler und erosionsgefährdeter Bergflanken führte. Franz von Sallinger schreibt noch in 1789 „...daß man auf einmal den ganzen Berg so vom Holze entblößt, daß man kein Bäumchen noch Stäudchen darauf läßt.“ Murkatastrophen waren die Folge. 

Im 20. Jahrhundert setze schließlich Umweltverschmutzung den Wäldern zu. Heutzutage führt das Auflassen von Siedlungsraum in den Alpen zu einer erneuten Zunahme des Waldanteils, wobei es jedoch lokal doch auch große Probleme mit Schipisten oder Verbauungen gibt.
 
Literatur:
 
THOMMEN, L. (2009): Umweltgeschichte der Antike. Verlag C.H.Beck: 188

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