28. April 2015

Alpine Mineralklüfte

Die Klüfte der Alpen sind berühmt für ihren Kristallreichtum. Meist handelt es sich um offene Zerrklüfte, die durch die tektonische Beanspruchung während der späten Phase der Alpenfaltung (von 20 bis 15 Millionen Jahre) entstanden sind. Ab einer Temperatur von 500-450°C reagieren Gesteine wie Gneise, Glimmerschiefer und Amphibolite nicht mehr deuktil sondern spröde auf tektonische Verformung (ab einer Tiefe von 15-3km). Durch die Dehnung des abgekühlten und daher spröden Gesteins kam es zur Bildung von Kluftspalten und Zerrklüften.
Abb.1. Rekonstruktion einer alpinen Kluft aus dem Granit des Zentralmassiv des Mont Blanc, mit Rauchquarz, seltener Fluorit, Chlorit breitet sich am Boden der Kluft aus - eine typische Mineralparagenese.

Die Klüfte verlaufen meist senkrecht zur Schieferung und sind meist einige Meter bis Zehnermeter lang und maximal zwei Meter breit. Meist sind Klüfte mit  derben Quarz aufgefüllt, sind sie allerdings breit genug kann ein Restraum offen bleiben, in denen Kristalle hineinwachsen können. Die Ausbildung der Klüfte und die anzutreffende Mineral-Paragenese sind stark vom Nebengestein abhängig. 

Abb.2. Rekonstruktion einer alpine Zerrkluft in Chloritschiefer mit typischer Mineral-Paragenese von Adular, Quarz und Chlorit.

Während der alpinen Metamorphose kam es zu Stofftransport mittels heißen Lösungen, bei Temperaturen um 600-100°C kristallisierten in den Hohlräumen die Lösungen zu neuen Kristallen aus. Adular, Albit, Calcit, Chlorit und Quarz kommen in vielen Klüften, auch unabhängig vom umgebenen Gesteinschemismus, vor – sie mache fast 80% der in einer Kluft zu findenden Mineralien aus. Charakteristische Kluftminerale sind weiters Aktinolith, Apatit, Ankerit, Dolomit, Epidot, Flourit, Hämatit, Titanit, Rutil und verschiedene Zeolithe (mehr als 140 verschiedene Mineralarten wurden in den Ostalpen nachgewiesen). Das Vorherrschen von Quarz, Feldspat und Karbonate, die bei 550-350°C auskristallisieren, lassen vermuten das die mesietn Klüfte bereits früh und sehr rasch ausgefüllt wurden. So liegt der Höhepunkt der Tauernkristallisation bei 25-20 Millionen Jahre.

11. April 2015

Kunst & Geologie: Der Bergbau - Reichtum eines Landes

Tirol war im Mittelalter eine bedeutende Bergbauregion, wie auch eindrucksvoll eine Tirolkarte in der Form eines Adlers zeigt, an deren Ecken allegorisch die Reichtümer des Landes präsentiert werden: Wein- und Bergbau. Die erste Ausgabe dieser Karte erschien 1609, als Kupferstich von David Zigl, eine zweite Ausgabe um 1620 wurde von Andreas Spängler angefertigt, als Begleitkarte zum Werk „Aquila Tirolensis“ des Matthias Burgklechner.
Abb.1. Aquila Tirolensis.
Abb.2. Vergrößerter Abschnitt mit Darstellungen des Tiroler Bergbaus und Münzprägung. Der Steinbock stellt vermutlich die Schweizer Kantone dar, da es Handel und (Bergbau-)technologischer Austausch mit diesen gab.

Ab dem späten 15. Jahrhundert erlebte der Tiroler Bergbau einen Aufschwung und in wenigen Jahrzehnten erlangte er europäische Bedeutung (besonders um 1560/1570).
Der Bedarf an Metallen zu dieser Zeit war erheblich  – einerseits um die Armeen mit Waffen aus Eisen auszustatten, andererseits um den Handel mit dem Orient zu bezahlen. Die wichtigsten Bergbaugebiete lagen in Tirol, Erzgebirge und Ungarn. 
Ein Nürnberger Metallhändler schreibt in 1523:
 
Silber findt man die Menge in keinem anderen Land denn im Heiligen Reich, sondern alle umbliegenden christliche und unchristliche Land müssen aus Teutschen Landen mit Silber gespeist und versehen werden.“
 
Um die Erzvorkommen ausbeuten zu können waren gewaltige Investitionen notwendig, für die die Knappen allein nicht aufkommen konnten. Die ersten Querfinanzierungen kamen auf – Kaufleute und Handwerker finanzierten die Bergwerke nun mit (die jeweiligen Anteile wurden als Kuxen bezeichnet). Mit der Zeit übernahmen einzelne finanzstarke Geldgeber immer mehr Anteile an Bergwerken, bis sie praktisch das Monopol innehatten.
So stiegen im 16. Jahrhundert die Fugger auch in das Bergbaugeschäft ein, monopolisierten es  und dank ihrer zahlreichen Niederlassungen wurde das Erz von Tirol europaweit verteilt. Von den eigentlichen Bergbaugebieten in Tirol ging das Kupfer und Silber südwärts zum Mittelmeer, nordwärts über Stettin und Danzig nach Russland und nach Antwerpen, Amsterdam und Spanien.

Literatur: 

FRANZ, A. (2012): Sonntagsbraten für die Kumpel. Bild der Wissenschaft Nr.6: 94-95
HEILFURTH, G. (1968):  Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus. An der Etsch und im Gebirge, Band 25: 75
TASSER, R. (ed.) (2004): Der Tiroler Bergbau und die Depression der europäischen Montanwirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert: Akten der internationalen bergbaugeschichtlichen Tagung Steinhaus. Studien Verlag: 324

6. April 2015

Kunst & Geologie: Albrecht Dürers Landschaftsbilder

Während der Renaissance (ungefähr 1450-1600) erfuhren die verschiedensten Wissenschaften und Künste ein regelrechte Wiedergeburt - große Fortschritte wurden in der Astronomie, Physik und Medizin erzielt, aber was war bloß mit der Geologie los? 

Tatsächlich gibt es zunächst nur wenige einschneidende Erkenntnisse. Der Italienische Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1452-1519) erkannte Fossilien als Überreste ehemals lebender Tiere die zwischen den Schichtungen der Gesteine eingebettet wurden, allerdings behielt er diese Beobachtungen für sich, so dass sie keine Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Geschichte hatten. 
Allerdings beeinflusste Leonardo indirekt die Geologie. Leonardo nutze seine naturwissenschaftlichen Beobachtungen in seinen Kunstwerken. So wie bei einem Menschen alle Organe zusammenarbeiten (Leonardo war Einer der Wenigen zu seiner Zeit der Leichen sezierte) und die Proportionen der Glieder aufeinander abgestimmt sind, so sind die Proportionen und Elemente einer Landschaft aufeinander aufgebaut und hängen zusammen. Weiter entfernte Berge verschwimmen und erscheinen dem Beobachter zu schrumpfen, allerdings – so Leonardo - folgen diese optischen Effekte klar definierten Fluchtlinien und Gesetze.
 
Abb.1. "Hügel in der Toskana" ist eines der ältesten bekannten Werke von Leonardo da Vinci, skizziert um 1473. Leonardo spielt hier geschickt mit den Landschaftselementen um eine Perspektive zu erhalten. So nutzt er die Schichtung der Sedimentgesteine über den Wasserfall als Konstruktionslinien um dem Bild, zusammen mit dem weiter hinten liegenden Horizont und Feldern in der Schwemmlandebene, Tiefe zu geben. Wasser verbindet den Berg mit dem Tal, den Vorder- mit dem Hintergrund - für Leonardo waren Flüsse ähnlich wie Arterien der Erde, sie transportierten Stoffe von der Oberfläche in die Tiefe in einer Art von Kreislauf.
 
Leonardos Herangehensweise inspirierte auch andere italienische Künstler, die wiederum europaweit  Künstler und Maler inspirierten. Albrecht Dürer (1471-1528) bereiste zweimal Italien, wo er die Grundlagen der Perspektive studierte. Doch es zeigt sich die Neuartigkeit dieser Malweise, da selbst ein großer Künstler wie Dürer in seiner Lebenszeit nie vollständig die Perspektive-Malerei beherrschen wird.

Auf seiner Rückreise übte er und skizzierte verschiedene Steinbrüche in den Alpen, wahrscheinlich in der Umgebung seiner Heimatstadt Nürnberg, Süddeutschland und in Teilen Österreichs. Die Bilder sind drei-dimensionale Darstellungen der Felswände, wobei die horizontale Schichtung (Wahrscheinlich Sandstein-Formation mit dünnen Mergel-Zwischenlagen) oder Klüftung in die Perspektive mit-eingearbeitet worden sind.
 
Abb.2. Landschaftsstudie „Steinbruch“ oder „Felswand“, um 1495-1500.
 
In einem seiner Bilder versteckt Dürer ein menschliches Antlitz in einer der Felswände, wahrscheinlich eine Anspielung auf das Konzept das die Proportionen der Natur die Proportionen  des menschlichen Körpers widerspiegeln. Noch deutlicher wird dies in seinem Landschaftsbild „Ansicht von Arco“, wo in der Mitte des Berges ein menschliches Gesicht nach Links blickt.
 
Abb.3. „Ansicht von Arco“, um 1495.
 
Die Künstler wenden die Kenntnisse der Darstellung des menschlichen Körpers auf die Landschaft an und dies hatte auch große Auswirkungen auf die Darstellungen von naturwissenschaftlichen Konzepten. Es mag kein Zufall sein das der Däne Niels Stensen (1638-1686), Begründer der modernen Stratigraphie, von der Ausbildung her Anatom war.  In den damaligen Textbüchern tauchen die ersten detailgetreuen Darstellungen des menschlichen Körpers auf. Steno wendet diese exakte und genaue Darstellungsweise auch auf die innere Anatomie der Erde an. Die verschiedenen Elemente der Erde arbeiten zusammen und dürfen nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Auf Erosion erfolgt Sedimentablagerungen, es entstehen die durchgehenden Schichten. Erneute Erosion legt die Schichten frei, die nun von einem aufmerksamen Beobachter in der Landschaft gefunden werden können.
 
Literatur:
 
ROSENBERG, G.D. (2009): The measure of man and landscape in the Renaissance and Scientific Revolution, in Rosenberg, G.D., ed., The Revolution in Geology from the Renaissance to the Enlightenment: Geological Society of America Memoir 203: 13-40