26. Februar 2016

Kunst & Geologie: Wenn die Säulen des Himmels auf der Erde ruhen...

Und kaum dass meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, traf mich wie ein Schlag die stumme Rede des bebilderten Steins, die den Augen und der Phantasie eines jeden verständlich ist (denn picture est laicorum literatura), und stürzte mich tief in eine Vision, von der meine Zunge noch heute nur stammelnd zu berichten vermag.“ 
Umberto Eco, „Im Namen der Rose“ (1980) 

 Sie sollte das himmlische Jerusalem auf Erden darstellen – die gotische Kathedrale - lichtdurchflutet, in die Höhe strebend sollte sie sein. Von Paris aus breitete sich ab 1150 dieser Baustil in ganz Europa aus, das 13. Jahrhundert wird als Höhepunkt der Gotik betrachtet. Kennzeichnend sind die spitz-zulaufenden Türme, die hohen Räume und die Strebebögen. Zeitgleich mit den Mauern wurden die Strebebögen hochgezogen, die die Mauern von Außen stützen und das Gewicht des Daches zur Seite ableiteten. Da die Mauern entlastet wurden, war es möglich höher zu bauen und vor allem große Fenster einzuplanen. Aber auch wenn das Gebäude überraschend filigran und leicht erscheint, so übt die Steinkonstruktion durch ihr Gewicht doch gewaltigen Druck auf den Untergrund aus. 


Abb.1. Die Kathedrale von Clermont-Ferrand.

Heute würde man die Statik berechnen, im Mittelalter musste der Baumeister sich auf seine Erfahrung stützen und eventuell Mauern und Fundamente dicker und mächtiger bauen lassen, um genügend Sicherheit und Standfestigkeit zu garantieren. 

Dieser „Mehraufwand“ ist oft der Grund wieso Kathedralen und andere mittelalterliche Bauten oft über Jahrhunderte hinweg sogar Erdbeben trotzen konnten. Dennoch kann sich der Untergrund als Schwachpunkt der Konstruktion erweisen. Während des Baus wurden die Mauern durch ein Holzgerüst gestützt, beim Abbau des Stützsystem stellte sich heraus ob der Baumeister sein Fach beherrschte. So sackte das Kirchenschiff der berühmte Kathedrale von Notre-Dame in Paris während ihres Baues zusammen. Die Westfassade wurde um beinahe 30cm nach Außen gedrückt da der Untergrund nicht standfest genug war und ungleichmäßig nachgab. Die Mauern blieben zwar stehen, problematisch  war aber das noch die beiden Türme  fehlten, also noch zusätzliches Gewicht dazukommen sollte! 
Zehn Jahre musste man warten bis sich der Boden genügend gesetzt hatte und man mit den Bau endlich weiterfahren konnte.

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