6. August 2016

Goldfieber – Die psychologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Gold

"Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles. Ach wir Armen!
"
Goethe´s Faust - Eine Tragödie (1808)


Es beginnt meist mit einem zufälligen Fund – im Kalifornien des 19. Jahrhunderts fielen einem Arbeiter die gelbliche Mineralflitter in der Wasserrinne einer Mühle auf - im Yukon (Alaska) gibt es unermeßliche Vorkommen davon titelten die Zeitungen - in Dioumouuon in Burkina Faso nimmt ein Goldgräber einen verdächtigen Brocken mit um ihn genauer zu untersuchen – und tatsächliche, in allen Fällen handelte es sich um Gold. 

Gold, ewig ist sein sonnengelber Schimmer und ewig ist die Gier nach ihm. Reines Gold in Quarzgang aus dem Monte Rosa gebiet in den westlichen Alpen.

Die Entdeckung lässt sich kaum verheimlichen und spricht sich rasend schnell herum. Zahllose Glücksritter reisen an, zumeist professionelle Goldgräber die ihre ehemaligen Berufe aufgegeben haben und von Goldrausch zu Goldrausch reisen. Im Nu wächst eine Goldgräberstadt heran, sei es in Alaska oder in Afrika. In Sanmatenga (Goldland), wie die neu gegründete Goldgräberstadt in Burkina Faso bald heißt, herrscht am Anfang das Faustrecht wie im Wilden Westen. Claims werden besetzt und notfalls verteidigt, Banditen nehmen den ersten Goldgräbern ihre Fund ab. In der Goldgräberstadt wird nicht nach Namen, sozialer Staus und Vergangenheit gefragt und neben einfachen Bauern fühlt sich auch Gesindel von diesem Ort angezogen. Die Hoffnung in kurzer Zeit an Wohlstand zu gelangen hält alles am Laufen… und theoretisch hat jeder Bewohner der Goldgräberstadt die gleichen Chancen, verkrustetet gesellschaftliche Zwänge werden aufgebrochen. In der afrikanischen Goldgräberstadt können sich sogar Frauen freier bewegen als in den Dörfern wo streng auf die Sitten geachtet werden.

Das Goldgewinnen benötigt jedoch eine relativ sichere soziale Ordnung– die Goldgräber die das erzhaltige Gestein gewinnen, Goldwäscher die mit den nötigen Chemikalien hantieren können um das Gold aus dem Gesteinsmehl herauszulösen, Goldhändler die das Gold in Tausch gegen geltende Währung annehmen, Händler die die Goldsucher mit allem nötigen versorgen. All diese Personen müssen irgendwie zusammen klarkommen und sind voneinander abhängig. Es bilden sich ungeschrieben Gesetze aus, soziale Strukturen bilden sich, Einzelkämpfer haben hier keine Chance. Reicherer Goldgrubenbesitzer bezahlen nicht nur ihre Arbeiter, sondern stellen ihnen auch medizinische Hilfe zur Verfügung – der Goldgrubenbesitzer erkaufen sich sozusagen die Loyalität der Arbeiter, ohne denen sie die Fundstelle nicht ausbeuten könnten. Neben dieser Herr-Arbeiter Beziehung  bilden sich aber auch (oberflächlich betrachtet) demokratische Strukturen aus. Die Goldgräber wählen einen der Ihren aus um mit Behörden und dem Staat zu verhandeln – die meisten nun abgesteckten Claims sind nämlich bürokratische betrachtet völlig illegal, aber der schwache Staat kann kaum durchgreifen und tausende von Menschen aus ihrer Stadt vertreiben. Es ist günstiger für beide Seiten einen Kompromiss zu finden. Natürlich hilft es dem „gewählten Verwalter“ wenn er auf sein Kontakte und auch wenn nötig Gewalt zurückgreifen kann. Anderseits führt er Regeln ein und sorgt für ihre Durchsetzung, wie geregelte Arbeitszeiten  und sogar Ruhetage. 

  

Ironischerweise geben die meisten Goldgräber das hart gewonnen Gold mit vollen Händen aus. Luxusartikel sind in Sanmatenga leicht zu bekommen. Drogen , Sex und Alkohol sind ebenfalls reichlich vorhanden und machen die harte Arbeit des Goldgrabens erträglich. Einfache Waren kosten dagegen ein Vermögen. Beim Goldrausch in Klondike waren frische Früchte fast unerschwinglich, trotz des ganzen Gold das in der Einöde von Alaska gewonnen wurde waren Hunger und Skorbut unter den Goldgräbern weit verbreitet. Reich wurden in den Goldgräberstädten am Klondike zumeist die Händler, da diese auf eine rege Nachfrage hoffen konnten und aufgrund fehlender Alternativen auch Wucherpreise für ihre Waren verlangen konnten. In Sanmatenga verkaufen örtliche Händler ihre Waren lieber in den Goldgräberstädten, da sie dort höhere Gewinne machen können, während es in der Umgebung zu Engpässen kommt.

Aberglauben ist unter Bergleute stark verbreitet. Das Gold wird als eigentlicher Besitz der Erdgeister gesehen, die mit Gebeten und Opfergaben bei Laune gehalten werden müsse. Diese Geister können nicht nur den Bergsegen verweigern, sondern auch zum Einsturz der Bergstollen – und damit Tod – führen. Es ist kein Wunder das unter dem dauernden Stress den Bergleute ausgesetzt sind, die Gefahren im Berg sind zahlreich, von Wassereinbrüchen bis zum Steinschlag, sich die Idee von übernatürlichen Helfern und Beschützern ausbildet. In den Geschichten der Alpenbewohner waren es Zwerge und noch heute gilt im christlichen Europa die Heilige Barbara als Schutzpatronin der Grubenarbeitern und Mineure.

So schnell wie der Spuk begonnen hat ist er auch wieder vorbei. Im Yukon herrschte das Goldfieber nur einige Jahre, bis die Ressourcen an Gold erschöpft waren. In Burkina Faso kommt es zu einem schweren Grubenunglück mit zahlreiche Tote. Die Goldgräber sind überzeugt das es sich um eine Strafe der Berggeister handelt. Es kommt zu einer Abwanderung und immer mehr Menschen verlieren das Interesse. Das restliche Gold verbleibt im Berg und im Besitz der Erdgeister.

Literatur:

JACOB, K. (2010): Der Goldbaron von Sanmatenga. Bild der Wissenschaft, Bd.7: 98-102
WERTHMANN, K. (2009): Bitteres Gold – Bergbau, Land und Geld in Westafrika. Mainzer Beiträge zur Afrikaforschung Bd. 21: 260

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen